Wattebauschwerfer und Blechnapfhauer (darf es auch mal etwas heikel sein?)
Ich bin verwirrt. Das ist nicht ungewöhnlich, denn ich bin relativ häufig verwirrt. Also versuche ich mal meine Verwirrung in Form von Aufschreiben zu sortieren. Also: Neulich habe ich in einem Gespräch etwas über Grünschleifen gehört. Auf mein Nachfragen hin erfuhr ich (mit Nase rümpfen), „dass sind die Wattebauschwerfer“. Aha….. „Wattebauschwerfer“ sind anscheinend nicht sehr beliebt in einigen Teilen der Hundeszene, zumindest hier im Norden.
Wer, Was oder Wie bin ich denn?
Als Tierpsychologe gehöre ich, wenn man denn diese Aufteilung so vollziehen kann, eher zu den Watterbauschwerfern. Aber im Endeffekt, bin ich – ICH! Inga, freundlich, nett, manchmal unsicher, bei Zeiten schusselig, empathisch, fröhlich, etwas chaotisch, gerne auch mal Oberlehrerhaft und Wattebauschwerfer. Jetzt ist es raus. Aber stimmt es auch? Was zeichnet mich als Wattebauschwerfer aus?
Nimmt man das Wort wörtlich, dann werfe ich also mit Wattebäuschen. Vermutlich immer dann, wenn ich das Verhalten meines Hundes ändern oder beeinflussen will. Allerdings habe ich, noch nie mit Watte geworfen. Also bin ich auch kein Wattebauschwerfer. Aber ein Blechnapfhauer in ich auch nicht. Denn ich habe auch noch nie mit einem Blechnapf gehauen. Überhaupt bin ich eher der friedliebende Mensch, der Goody oder auch Gutmensch. Ich stehe dazu. Ich kann es ja, selbst wenn ich wollte, nicht nicht so einfach ändern. Trotzdem passt es mir nicht in eine Richtung abgestempelt zu werden. Sei sie nun richtig oder falsch. Wer entscheidet denn über richtig und falsch? Denkt nicht jeder, das sein Weg richtig ist?
Ich mag Schubladendenken nicht
Ebenso wie bei meinen Essgewohnheiten, passe ich nicht ganz in diese Schublade. Ich bin weder Vegetarier, noch Veganer. Aber ich esse überwiegend vegetarisch und vegan. Doch dafür gibt es kein Wort und das ist gut so. Ich mag Schubladendenken nicht. In einer Schublade zu stecken, heißt auch, dass man da nicht mehr raus kommt. Man kann nicht mal eben in eine andere Schublade hüpfen und schauen was da so geht. Man ist unbeweglich und eingesperrt in seiner Schublade. Das bedeutet doch im Endeffekt, dass man stehen bleibt. Nicht voran kommt, und sich nicht weiter entwickeln kann.
Wir bewerten viel zu schnell
Alle „Hundemenschen“ haben doch eines gemeinsam. Sie lieben Hunde. Das ist ne prima Gemeinsamkeit! Und wenn wir mal ehrlich sind, dann hat doch jede Philosophie ihre Daseinsberechtigung. Ansonsten wäre sie wohl kaum so erfolgreich, geschweige man würde über sie reden. Ich will weder das eine noch das andere huldigen oder bewerten. Warum? Weil ich kein Recht dazu habe. Es gibt positive und negative Beispiele bei allen Methoden. „Der Hund weiß gar nicht wo er steht, ist völlig unsicher, weil er zu sehr gewattebauscht wird. Dadurch beißt er alles weg, was ihm im Wege steht“ oder „der Hund ist komplett traumatisiert durch die Wurfschellen und hat inszwischen vor diversen Umweltgeräuschen Angst.“. Wir alle kennen diese Geschichten. Fakt ist. Bei beiden Beispielen ist mit ziemlicher Sicherheit viel falsch gelaufen. Beide Hundehalter wurden falsch beraten die Halter-Hund-Beziehung ist bei beidem im Arsch. Aber jeder dachte (hoffte), das Richtige zu tun.
Was also tun, wenn man alles richtig machen will?
Bewerte nicht wie andere trainieren. Bewerte wie du trainierst. Wie fühlt sich das an? Was macht es mit dir? Bist DU das, die da agiert? Oder kopierst du grade jemand anderen? Sei dir bewusst, dein Hund ist nicht doof. Spielst du ihm etwas vor was du nicht bist, wird er es merken und dich entweder nicht ernst nehmen oder für unberechenbar halten.
Wie aber soll ich klar denken, handeln, trainieren, wenn ich nicht voll von mir und meiner Art dies zu tun überzeugt bin? Maßregle ich meinen Hund zu heftig und vielleicht auch mal ungerechtfertigt, kommen gleich Selbstzweifel auf und und es geht mir hinterher schlecht. Für mich ist laut werden ein Zeichen von Unsicherheit, Kontrollverlust. Weil ich in dem Moment so hilflos bin, und keine andere Idee habe, das ich Laut werden muß. Ich brauche demnach feste Strukturen und einen klaren Blick für das, was ich will. Nur so kann ich auch Selbstsicherheit ausstrahlen und eine Basis finden an der sich meine Hunde orientieren können.
Den richtigen Weg gibt es nicht
Ich habe eine Freundin, die führt dich mit einer unglaublichen Souveränität in eine Sackgasse und vermittelt dir hinterher glaubhaft, das die hundert Jahre alte Mauer gestern noch nicht da stand. Aus „tierpsychologischer Sicht“ macht sie mit ihren Hunden so ziemlich alles falsch, was man nur falsch machen kann. Aber! Und das ist der Unterscheid. Sie macht das mit einer Überzeugung, dass man ihr zwangsläufig erstmal alles abkauft. Sie ist vom Typ her einfach sehr von sich überzeugt und ihre Hunde glauben ihr aufs Wort und vertrauen ihr.
Genau wie unsere Hunde, sind auch wir unterschiedliche Individuen. Wenn mir ein Cesar Millan sagen würde: „Inga! Sei jetzt sofort autoritär!“, wäre das eine Lachnummer. Meine Hunde würden mich sofort durchschauen. Ich bin das nun mal nicht. Ich bin klein, lieb und schüchtern. Und? Darf ich deshalb keinen Hund haben? Natürlich kann ich körpersprachlich viel lernen und an meinem Ausdruck arbeiten. Ich kann auch bereits erfolgreich böse kucken, z.B wenn Jack mein Abendbrot anstarrt. Aber ich bin immer noch ich. Und wenn ich versuche jemand anderes zu sein, dann bin ich nicht autentisch und dann kann ich auch nicht überzeugend sein. Deshalb gibt es für mich kein Richtig oder Falsch.
Respekt
Aber es gibt Respekt. Respekt dem Tier gegenüber und Respekt vor der Meinung anderer. Hört auf ständig alles zu bewerten. Wenn JEDER der Meinung ist, das sein Weg der Richtige ist, dann hat doch auch JEDER irgendwie Recht. Es gibt nicht immer ein Richtig oder Falsch. Viele Wege führen bekanntlich nach Rom. Und statt ständig zu versuchen den anderen zu ändern, sollten wir einander erstmal so akzeptieren wie wir sind. Es wird immer unterschiedliche Meinungen geben. Daran kannst du nichts ändern. Verschwende nicht deine Energie für Dinge, die du nicht ändern kannst. Für welchen Weg sich ein Mensch im Endeffekt entscheidet, bleibt ihm überlassen. Er wird, darf und muss seine eigenen Ehrfahrungen sammeln und das Beste daraus machen.
Die Macht der inneren Einstellung
Ich glaube das Geheimnis der Hundeerziehung liegt zum großen Teil darin, dass man das was man tut mit Überzeugung macht. So weiß jeder Hund „Aha, so läuft es und nicht anders“. Fertig aus MickyMouse. Wenn man von seinem Handeln überzeugt ist, dann ist man auch klar. Und wer klar ist, wird von seinem Hund besser verstanden und kann Sicherheit vermitteln. Es hat lange gedauert bis mir das bewusst war. Weil ich immer auf der Suche nach der richtigen Methode war. Dazwischen habe ich gefühlte 1000 Bücher gelesen, jede Menge Menschen getroffen und unterschiedlichste Meinungen zu den unterschiedlichsten Philosophien gehört.
Auch wenn mich irgendwie alle auf ihre Art und Weise ein bisschen überzeugt haben, so hat mich meine Reise stets ein Stück weiter gebracht und ich habe immer dazu gelernt (tue ich immer noch). Nach so vielen verschiedenen Eindrücken ist es schwer seinen Weg zu finden. Muss man erst lernen in sich rein zu fühlen. Wie geht es mir damit? Was überzeugt mich? Was bin ich? Wer bin ich? Und wie kann ich mich autentisch wiederspiegeln? Und mein Hund? Wer oder was ist mein Hund? Wo wollen wir als Team hin? Was erwarten wir von unserer Beziehung und wie werden wir einander gerecht?
Und was mache ich nun als „einfacher“ Hundehalter?
Wenn du weißt, wo du hinwillst, dann höre auf deinen Bauch. Wann fühlst du dich noch wohl und wann nicht? Lass dich nicht fremdsteuern, sondern tue das, was sich für dich richtig anfühlt und glaub nicht alles, was du im Fernsehen siehst. Bleibe dir treu. Jeder möchte von seinen Mitmenschen so geliebt und respektiert werden, wie er nun mal ist. Akzeptiere das auch bei deinem Hund. Vergleiche nicht deinen mutigen Terrier mit der lieben Goldi Dame von nebenan. Und vor allem verlange nicht von ihm, dass er so wird wie sie. Das kann ebenso wenig funktionieren, wie ICH, wenn ich einen auf Cesar Millan mache würde.
Mein Appel
Wattebauschwerfer und Blechnapfhauer: Akzeptiert, dass der andere anders ist als ihr und seinen Weg ebenso als richtig empfindet, wie ihr euren. Seid fair und respektvoll im Umgang miteinander. Helft, wenn ihr gefragt werdet, aber bevormundet nicht und vor allem bewertet ein Handeln nicht gleich als Richtig oder Falsch. In diesem Sinne: „Peace and Love for everybody <3 !“